Bundeswehr mahnt zur Vorsorge: Vernetzung der Sicherheits- und Verteidigungswirtschaft in NRW geplant

Über die Konsequenzen des Ukraine-Krieges, zunehmende Anschläge auf die innere Sicherheit und den notwendigen Ausbau einer europäischen Verteidigungsfähigkeit diskutierten Oberst Dirk Franke vom Landeskommando der Bundeswehr und Unternehmer aus der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie am 20. Februar bei ZENIT. Die Bedrohungslage sei real, weil Experten damit rechnen, dass Russland bis 2028/2029 in der Lage sei, NATO-Gebiete anzugreifen. „Im Internet sind wir bereits im Krieg“. Unternehmen müssten deshalb Verantwortung übernehmen und sich auf Krisensituationen vorbereiten. Die Beschaffung von mehr Gütern und Dienstleistungen für Sicherheit und Verteidigung seien aber auch Chancen für Innovationen in Schlüsseltechnologien und Mittelständler als Partner in neuen Wertschöpfungsketten. In NRW soll sich die Sicherheits- und Verteidigungswirtschaft deshalb vernetzen und kooperieren. ZENIT will den Aufbau eines Hubs für die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie durch das Land NRW unterstützen.
Im Bild: Thomas Eulenstein (Vorstandsvorsitzender des Netzwerks ZENIT, Dr. Tanja Lindermeier-Kuhnke, Geschäftsführerin des Unternehmens GuS glass + safety, Oberst Dirk Franke vom Landeskommando NRW, Britta Brisch vom ASW NRW e.V. (Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft West e.V.) und ZENIT-Geschäftsführer Jürgen Schnitzmeier,

Referenten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft hatte ZENIT im Laufe der letzten vier Jahrzehnten viele, aber einen Gast aus der Bundeswehr gab es noch nie. Da besondere Zeiten jedoch besondere Maßnahmen erfordern, hatten Netzwerk und GmbH zur Veranstaltung „Operationsplan Deutschland – Herausforderungen und Chancen für den Mittelstand“ mit Oberst Dirk Franke vom Landeskommando NRW eingeladen und die Frage gestellt, was die Zeitenwende für Unternehmen bedeutet.

Thomas Eulenstein als Vorstandsvorsitzender des Netzwerks ZENIT und ZENIT-Geschäftsführer Jürgen Schnitzmeier betonten bei der Begrüßung die Notwendigkeit, sich den neuen geopolitischen Herausforderungen zu stellen, sich daran anzupassen und zu überlegen, ob das eigene Unternehmen (auch über Kooperationsprojekte) dabei mitwirken könne, den sprunghaft steigenden Bedarf an militärischen Gütern, Dienstleistungen und Innovationen zu decken.

Wer von Oberst Franke eine Checkliste für den Verteidigungsfall erwartet hatte und einen tiefen Einblick in den rund 1.000 Seiten umfassenden, teilweise geheimen Operationsplan erhofft hatte, wurde enttäuscht, musste aber trotzdem nicht mit leeren Händen nach Hause gehen. Der sich selbst als „Handlungsreisender in Sachen Operationsplan Deutschland“ bezeichnende Bundeswehrvertreter beschrieb Deutschland als Drehscheibe für mögliche Truppenbewegungen von West nach Ost mitsamt aller logistischen Herausforderungen und der Komplexität der Gesamtverteidigung mit ihren zivilen und militärischen Säulen. Die Bedrohungslage sei real. „Formal leben wir zwar im Frieden, aber das, was wir gerade hybrid erleben, ist etwas anderen“. Welche Summen für eine ausreichende Verteidigung in Zukunft notwendig seien, ließ Franke offen („Geld ist nicht alles“) und auch eine Checkliste für Unternehmen für den Fall der Fälle präsentierte er nicht, betonte aber die Notwendigkeit zur eigenen Verantwortung: „Wir müssen jetzt Vorsorge treffen – auch für das, was lange undenkbar war!“

Einen unternehmerischen Blick auf die aktuelle Situation warf Dr. Tanja Lindermeier-Kuhnke, Geschäftsführerin des Unternehmens GuS glass + safety. Ihr Unternehmen mit 220 Mitarbeitenden arbeitet fast ausschließlich für die Verteidigungsindustrie und beschäftigt sich intensiv mit Präventionsmaßnahmen ihres eigenen Unternehmens hinsichtlich der Chancen und Herausforderungen aktueller geopolitischer Spannungen. Dafür nutzt sie u.a. die Pestel-Analyse, mit der sie politisch, ökonomisch, sozial, technologisch, ökologisch und rechtlich beleuchten kann, wo ihr eigenes Unternehmen steht. Unternehmen mit Interesse, die wachsenden Bedarfe im Verteidigungssektor zu bedienen, riet sie zu Agilität und Wachsamkeit. Wer in der Branche aktiv sein wolle, müsse vielen Anforderungen gerecht werden.

Britta Brisch vom ASW NRW e.V. (Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft West e.V.) griff das Thema CyberSecurity auf. Rund 55 Prozent aller Unternehmen waren laut einer Studie bereits von Angriffen betroffen. Der Schaden belief sich 2023/2024 auf rund 180 Mrd. Euro, wobei rund 40 Prozent der Angriffe aus Russland, 45 Prozent aus China kämen. Cyber-Sicherheit müsse Chefsache sein und falls es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen doch einmal zu einem erfolgreichen Hackerangriff käme, gebe es unter anderem Hilfe über das Landeskriminalamt.

In einer abschließenden Panel-Diskussionen betonten alle drei noch einmal die Bedeutung, sich das eigene Unternehmen im Hinblick auf seine Resilienz genau anzuschauen und mögliche Verbesserungspotenziale auf den Weg zu bringen.

Beitrag der WAZ zur Veranstaltung


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