Die steigenden Energiepreise und die damit einhergehende Rezession sind Megathema in Politik, Wirtschaft und bei den Verbrauchern. So auch beim diesjährigen Energietag der BAFA, dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Gegensteuern will die Politik mit der Gaspreisbremse. Aber was bedeuten die von der Expertenkommission vorgelegten Vorschläge für Unternehmen unterschiedlicher Größe und den Transformationsprozess? Unabhängig davon informiert das ZENIT-Förderexpertenteam über Förderprogramme rund um das Thema Energie.
Die optimistische Annahme von Politik und Wirtschaft, die Primärenergieversorgung aus Russland mit Erdgas, Erdöl und Kohle sei immer frei von politischen Spannungen, ist seit dem Angriff Russlands auf die territoriale Integrität der Ukraine obsolet.
Die ausgerufene Zeitenwende bei der Energieversorgung setzt auf Erneuerbare Energien und Elektrifizierung, ist aber nicht über Nacht zu haben. Gerade bei der Windenergie stimmen die Rahmenbedingungen noch nicht, wie die ausbleibenden Angebote auf Ausschreibungen zur Errichtung von Windkraftanlagen belegen.
Zwar sind die Speicher zu 95 % gefüllt, dennoch soll der Gasverbrauch reduziert werden, um gut über den Winter zu kommen. Dafür müssen Einsparungen von 20 Prozent geschafft werden. Gefordert sind vor dabei vor allem Haushalte und Industrie als Großverbraucher. Ob das Ziel erreicht wird, ist offen.
Dass die Industrie auf die Preisentwicklung mit Investitionen zur Steigerung der Energieeffizienz reagiert, lässt sich bei der BAFA an der Zahl der deutlich gestiegenen Anträge im Förderprogramm Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft ablesen (Beitrag dazu auf der ZENIT-Homepage)
Aussichten auf Unterstützung – die Gaspreisbremse
Ein Gasmangel zeichnet sich im bevorstehenden Winter bei 20%-iger Einsparung nicht ab, eine Senkung der historisch hohen Gaspreise aber auch nicht. Hier will die Bundesregierung mit ihrem 200 Milliarden Euro schweren Hilfspaket den Markt, der ja nicht nur beim Erdgas, sondern auch bei Material und Rohstoffen unter zu geringen Angeboten leidet, stabilisieren. Erste Vorschläge, auch mit Signalwirkung für Investitions- und leider auch Desinvestitionsentscheidungen der Wirtschaft, hat die „ExpertInnen-Kommission Erdgas und Wärme“, kurz Gaspreiskommission, erarbeitet und in einem Zwischenbericht präsentiert.
Ausgehend davon, dass sich der Gasmarkt und die Gaspreise erst Mitte 2024 beruhigen werden, gilt es einerseits, eine Gasmangellage zu vermeiden, weil sie eine noch tiefgreifendere Rezession zur Folge hätte. Andererseits muss die Volkswirtschaft stabilisiert, Unternehmen wie auch Verbraucher entlastet und für die Zeit danach aufgestellt werden. Und das, ohne die Einsparanreize zu mindern.
Der langfristige Lösungsvorschlag der Kommission heißt: Gaspreisdeckel in Verbindung mit einer Kontingentierung auf Basis des historischen Verbrauchs, getrennt für zwei Abnehmergruppen:
- Großverbraucher, also Kunden mit sog. registrierender Leistungsmessung, kurz RLM-Kunden, sollen nach Einführung der Gaspreisbremse für 70 % ihres historischen Verbrauchs 7 Cent je Kilowattstunde (kWh) (nur Beschaffungspreis, Entgelte für die Leitungen kommen hinzu) zahlen;
- die übrigen Verbraucher wie kleine und mittlere Unternehmen sowie Haushalte, also Kunden mit Standardlastprofil, kurz SLP-Kunden, zahlen unter dem Strich für 80 % ihres historischen Verbrauchs 12 Cent je kWh, indem sie aus ihrem individuellen historischen Verbrauch und den aktuellen Marktpreisen berechnete Abschlagszahlungen erhalten sollen
Für beide Gruppen gilt, dass für die über die 70%- bzw. 80%-Kontingente hinausgehenden Verbräuche Marktpreise zu entrichten sind.
Welche Einsparanreize bestehen?
Zunächst sind bei beiden Verbrauchergruppen die höheren Marktpreise oberhalb der subventionierten Verbräuche Motivation zur Einhaltung der Kontingente. Weitere Anreize zum Unterschreiten der Kontingente sollen zusätzliche Einsparungen bewirken:
- Großverbraucher können bei Minderverbräuchen, etwa durch Umstellung des Energieträgers, ihre nicht genutzten, preisgedeckelten Gasmengen veräußern
- die übrigen Verbraucher sollen ihre bei Unterschreitung des 80 %-Kontingents zu hohen Abschläge nicht zurückzahlen müssen.
Ab wann wird gezahlt?
Der Lösungsvorschlag soll mit den Versorgern umgesetzt werden. Deren Vorlaufzeit eingerechnet, kann der Gaspreisdeckel ab 1. März 2023 starten. Damit die Haushalte schnell entlastet werden, wird vorgeschlagen, im Dezember 2022 eine Einmalzahlung in Höhe der im September geleiteten Abschlages an die Versorger zu tätigen.
Wie lange wird gezahlt?
Ein konkretes Ende für die Gaspreisbremse ist nicht definiert, vielmehr soll sie sich von selbst abschaffen. Wenn die Marktpreise den jeweiligen Gaspreisdeckel von 7 Cent je kWh bzw. 12 Cent je kWh unterschreiten, entfallen die Vergünstigungen automatisch.
Subventionierter Gaspreis hat Signalwirkung
Noch wichtiger als die aktuell geplanten Hilfen sind die Signal- und Langzeitwirkungen, die von den Preisgrenzen ausgehen. Denn sie sind nicht aus den einzelwirtschaftlichen Erwartungen oder prognostizierten Bedürfnissen der Gasverbraucher abgeleitet, sondern resultieren aus den Erwartungen an die Preisentwicklungen auf dem Gasmarkt und spiegeln die mittelfristig erwarteten Gaspreise, etwa ab Mitte 2022, wider.
Das heißt, so bitter es auch klingen mag:
- Großkunden müssen dauerhaft mit einem Gaspreis von 7 Cent je kWh statt früher 4 Cent je kWh oder darunter rechnen
- Unternehmen, Gewerbe und Haushalte müssen sich dauerhaft auf einem Gaspreis von 12 Cent je kWh einstellen, die früheren Gaspreise von 7 Cent je kWh werden nicht mehr erreicht
Eine ähnlich strukturierte Maßnahme wird auch für Fernwärmekunden vorgeschlagen, weitere Empfehlungen will die Gaspreiskommission in ihrem Abschlussbericht veröffentlichen.
Abgefedert werden sollen damit temporäre Verwerfungen beim Gaspreis abfedern und die langfristige Stabilisierung intakter Märkte. Ziel ist es, Unternehmen, die langfristig mit diesen Preisen wirtschaften können, von einer Abwanderung abzuhalten und ihre Transformation voranzutreiben. Aber natürlich wird das „New Normal“ auch zu einer Selektion führen, werden Industrien in Regionen mit einem Angebot an preiswerten erneuerbaren Energien abwandern. Damit beschleunigt die derzeitige Energiekrise den Strukturwandel der deutschen Wirtschaft, der mit der Transformation zur Klimaneutralität erwartet wird.
Für die Investitionen in die Energieeffizienz und die Transformation bietet das BAFA als nachgeordnete Behörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz eine ganze Palette von Förderprogrammen, über die auch das Förderexpertenteam bei ZENIT informiert.